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KGSt – Journal – März 2023: Herausforderung und gesellschaftspolitische Chance?

KGSt – Journal – März 2023: Herausforderung und gesellschaftspolitische Chance?

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung in kommunalen Beteiligungsunternehmen

Ein Beitrag von Lars Scheider. (abgerufen am 19. März von https://www.kgst.de/herausforderung-und-gesellschaftspolitische-chance)

Die Europäische Kommission hatte im April 2021 ihren Vorschlag für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) veröffentlicht. Nach Verabschiedung durch das EU-Parlament soll die Richtlinie nun in nationales Recht umgesetzt werden (im Laufe des Jahres 2023). Die Umsetzung der CSRD-Berichtspflichten hat erstmalig im Jahr 2026 für das Jahr 2025 zu erfolgen.

Berichtspflichtig sind grundsätzlich große Kapitalgesellschaften, die am Bilanzstichtag mindestens zwei der drei Merkmale erfüllen: 250 Mitarbeiter:innen im Jahresdurchschnitt (unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung) und/oder Bilanzsumme von über 20 Mio. Euro und/oder Umsatz von 40 Mio. Euro. Darüber hinaus sind alle börsennotierten Unternehmen (ausgenommen Kleinstunternehmen) berichtspflichtig. Das heißt alle Unternehmen, deren Jahresabschlussaufstellung nach großen Kapitalgesellschaften erfolgt, sind berichtspflichtig ab dem Jahresabschluss 2025 (erstmalig in 2026).

Für Gebietskörperschaften in Deutschland regeln die Gemeindeordnungen die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde (z. B. § 121 ff HGO). Danach darf eine Gemeinde nur eine Gesellschaft gründen, die auf den Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens gerichtet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht entsprechend den für große Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches (§ 267 Abs. 3 HGB) aufgestellt und geprüft werden. Der staatliche Sektor in Deutschland (rund 18 500 Unternehmen der öffentlichen Hand, davon rund 88 Prozent im kommunalen Besitz) ist hier also unmittelbar betroffen.

I.) Die Herausforderung

Der Vorschlag zur CSRD gibt vor, zu welchem Berichtsinhalten die (geplanten) European Sustainability Reporting Standards (ESRS) Vorgaben machen sollen:

  1. ​​​​​​​Sechs Umweltziele der Europäischen Union:
    –​​​ Klimaschutz
    – Anpassung an den Klimawandel
    – Wasser- und Meeresressourcen
    – Kreislaufwirtschaft
    – Umweltverschmutzung
    – Biologische Vielfalt und Ökosysteme
  2. Angaben zu gesellschaftlichen Aspekten:
    – Chancengleichheit für alle
    – Arbeitsbedingungen
    – Achtung der Menschrechte, Grundfreiheiten, demokratischen Grundsätze und Internationale Standdards
  3. Angaben zu Governance-Aspekten:
    – Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens, auch in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelange und ihre Zusammensetzung
    – Unternehmensethik und Unternehmenskultur, einschließlich Korruptions- und Bestechungsbekämpfung
    – Politisches Engagement des Unternehmens, einschließlich seiner Lobbying-Aktivitäten
    – Management und Qualität der Beziehung zu Geschäftspartnern, einschließlich der Zahlungspraktiken
    ​​​​​​​– Interne Kontroll- und Risikomanagementsysteme des Unternehmens, auch in Bezug auf den Berichterstattungsprozess des Unternehmens

Die geforderten Angaben sollen zukünftig im Lagebericht des Geschäftsberichts enthalten sein. Diese hohen Ansprüche sind nicht nur für große (börsennotierte) Unternehmen eine große Herausforderung für das Rechnungswesen. Denn diese Themen waren in der Vergangenheit häufig nicht im Rechnungswesen angesiedelt. In der Fachliteratur wird häufig vom Begriff der Zeitenwende gesprochen, denn letztlich werden vom ESRS die Themen Umwelt, gesellschaftliche Aspekte und Governance-Aspekte nun auf gleiche Augenhöhe mit dem klassischen Finanzrechnungswesen gesetzt. Dies wird natürlich die keinen und mittleren kommunalen Beteiligungsunternehmen noch viel stärker treffen.

II.) Gesellschaftspolitische Chance?

Zwar ist das Management von Nachhaltigkeitsthemen gerade in großen Unternehmen (im kommunalen Bericht z. B. auch in den Stadtwerken) seit Jahren etabliert. So hat bereits der Frankfurter Public Corporate Governance Kodex (PCGK vom 25.03.2010) normiert, dass von der Geschäftsführung eine Nachhaltigkeitsberichterstattung verlangt werden sollte. So ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung auch im Beteiligungsbericht der Stadt Frankfurt am Main abgebildet (www.beteiligungsmanagement.stadt-frankfurt.de). In dem am 02.02.2023 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen (Beschluss Nr. 2836) überarbeiteten PCGK wird in der Präambel ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der Daseinsvorsorge die Erfüllung der Selbstverpflichtung der Stadt Frankfurt am Main, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden, zu beachten ist.

Dennoch haben sich in der Vergangenheit viele ökologische und soziale Missstände weltweit verschlechtert, allen voran das Klimaproblem. Dies soll sich künftig mit dem neuen Regulierungsanspruch der Europäischen Union ändern. Zwar bleibt die Umsetzung in nationales Recht im Laufe dieses Jahres noch abzuwarten, allerdings haben die Wirtschaftsprüfer, völlig zurecht, bereits jetzt auf die Prüfverpflichtung des Lageberichts hingewiesen. In Zukunft werden Nachhaltigkeitsberichte auf Basis freiwilliger Rahmenwerke, wie der Global Reporting Initiative (GRI) oder des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK), nicht mehr ausreichen.

Es wird also darauf ankommen, bei der Umsetzung ins nationale Recht eine kluge Lösung auch für kleine und mittlere kommunale Beteiligungsunternehmen zu finden, damit der Public Sector in Deutschland seine Vorbildfunktion auch in diesem Bereich erfüllen kann.

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